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Gratiskonzert

Die tiefen Töne überwiegen
bei dieser kruden Melodie,
die morgens schon herüberfliegen
vom Baugelände vis-à-vis.

Nur eine Handvoll Instrumente,
doch nichts von Flöte und Spinett.
Das Fehlen feinerer Akzente
macht ein konstantes Forte wett.

Der Bohrer spielt die erste Geige,
ein riesenhafter Kontrabass,
dass tief er in den Boden steige
zu Proben ohne Unterlass.

Ein Scheppern ist sein Markenzeichen,
wenn innen an sein Rohr er schlägt,
dass dem Gewinde so entweichen
die Klumpen, die es mit sich trägt.

In einer etwas höhren Lage
gibt sich dafür die Raupe kund –
Gestöhn hält dem Gequietsch die Waage,
düst sie con brio übern Grund.

Dazu das Brummen der Motoren
von Lastern, die geduldig harrn,
wie große, schwerbereifte Loren
das Baggergut davonzukarrn.

Die Kammer-Crew der Interpreten.
Doch gibt auch einer an den Ton –
statt mit dem Stock, dem obsoleten,
mit einer Mess-Totalstation.

Ein Weißhelm hebt ihn aus der Menge
der Spieler mit den bunten raus.
Er kennt nach Breite und nach Länge
den Masterplan des ganzen Baus.

Obwohl die Töne üppig fließen,
bis abends man die Bühne sperrt,
lässt sich doch eintrittsfrei genießen
dies lange Open-Air- Konzert.

Doch leider hab auf die Moderne
ich immer noch nicht richtig Bock
und träum mich lieber in die Ferne
zurück zu Klassik und Barock.

So zähln zu meinen Favoriten
Vivaldi, Telemann und Bach.
Was die da drüben aber bieten,
das nenn ich schlicht und einfach Krach.

Zur Abwechslung Regen

zur-abwechslung-regenUnd nach der Hitze nun der Regen.
Er strömt den lieben langen Tag,
um nur zur Nacht sich kurz zu legen –
wo immer er dann liegen mag.

Am Morgen rauscht er wieder munter,
als hätt er frische Kraft getankt,
vom grauen Firmament herunter,
dass man um seinen Scheitel bangt.

Mein Schirm, von dem ich fast vergessen,
wozu man jemals ihn verwandt,
lässt freudig sich nun wieder nässen,
die Speichen willig ausgespannt.

Ich ducke mich mit düstrer Miene
in dies bescheidne Kuppelzelt,
indes die strömende Lawine
mir auf die Hosenbeine fällt.

Das platscht und pladdert ohnegleichen
so stetig und so stillvergnügt,
dass um dich völlig durchzuweichen,
ein Fünf-Minuten-Trip genügt.

Selbst was in Ritzen und in Spalten
von der verflossnen Sommerglut
sich klein und kläglich noch gehalten,
wird fortgespült von dieser Flut,

Dass Kühle herrscht, ja, mehr als diese,
beinah schon wieder Jackenzwang.
Man sehnte sich nach einer Brise
und kriegt der Sonne Schwanensang!

Die wir gerufen, ach, die Geister…
Rau riecht die Luft und wie gegerbt.
St. Peter, unser Wettermeister,
hat fleißig schon das Laub gefärbt.

Ob er noch in Oktobertagen
mit goldnem Glanze uns verwöhnt?
Der Regen rinnt mir in den Kragen,
als ob er solcher Hoffnung höhnt’!

Und drüben, hoch an den Fassaden,
die tiefste Schmach zu guter Letzt:
Bikinigirls beim Sonnenbaden:
Plakate, die der Sturm zerfetzt.

Wär ich historisch von Gemüte
und von Barock-Melancholie,
nichts andres käm jetzt in die Tüte,
als dass ich „Eitel, eitel!“ schrie,

Frau Vanitas so zu beschwören
mitsamt der Zeiten raschem Lauf –
doch schlaf’nde Hunde nicht zu stören,
hör ich hier, Les’rin, lieber auf.