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Fliegenalarm

Fantastisch, dass heut Abend wieder
um meinen Herd ihr euch gereiht
und meine unbedarften Lieder
mit stillem Lächeln mir verzeiht!

Ich werd mir weiter Mühe geben
so wie ein fleiß’ger Fabrikant,
der Güter Qualität zu heben
beizeiten auf den neusten Stand.

Das mag nicht immer mir gelingen,
vielleicht mal weniger, mal mehr,
doch kann ein Lied ich davon singen,
dass Stillstand eher Rückschritt wär.

Exempel! Theorie beiseite!
Ich spann euch auf die Folter nicht:
Ein solches deshalb unterbreite
ich gleichsam live hier im Gedicht.

Betrifft zum Beispiel auch die Themen,
das Leben ist davon ja voll.
Warum sollt welcher man sich schämen
gemäß ‘nem prüden Protokoll?

Mich ärgert heute eine Fliege,
die plötzlich hier im Trüben fischt
und die ich nicht vom Halse kriege,
weil meinem Hieb sie stets entwischt.

Als ob sie keinen Auslauf hätte
in meiner Bude ringsherum,
klebt sie an mir wie eine Klette
mit ihrem lästigen Gesumm.

Mal unverfroren auf dem Rücken
der Hand, die grade Pause macht,
um ihr ein Kribbeln aufzudrücken,
dass sie sich schüttelnd jäh erwacht.

Mal todesmutig auf der Wange
im absoluten Nahbereich,
doch allem Anschein nach nicht bange
vor dem finalen Backenstreich.

Und hatte ich sie da vertrieben,
dass meinen Blicken sie entschwand,
war sie durchaus nicht faul geblieben
und trippelte am Tellerrand.

Ich weiß wohl, dass aus dieser Patsche
mich eine Waffe würd befrein –
doch hab ich etwa eine Klatsche
wie einst das tapfre Schneiderlein?

Könnt ich als Dichter und als Denker
‘ner Fliege was zuleide tun?
Ich wünsch sie herzlich nur zum Henker –
und lass das Kriegsbeil damit ruhn.

In Windeseile

Der Wanderer in alten Zeiten,
die Beine bloß als Antriebskraft,
mocht noch so wacker er auch schreiten,
hat wenig Meilen nur geschafft.

Und wenn er in die Welt gezogen,
wie’s stolz in seinem Liede hieß,
ist meist er nur ums Eck gebogen,
wo gleich er auf die Fremde stieß.

Die aber größre Strecken gingen
taten’s der Landschaft nicht zulieb –
Scholarenvolk vor allen Dingen,
das es zu neuen Studien trieb.

Dazu noch, einzeln und in Scharen,
zu büßen oder bitten nur,
mit Stock und Hut oft zu gewahren
die Gläubigen auf Pilgertour.

Der Schuster blieb bei seinem Leisten,
den Bauern hielt die Scholle fest,
und bestenfalls die Fürsten reisten
und kamen mal aus ihrem Nest.

Den meisten war nur vom Erzählen
die große, weite Welt bekannt –
so barg man in den schlichten Seelen
ihr Bild allein aus zweiter Hand.

Wer hätte es sich träumen lassen,
dass einst sich in die Luft erhebt
der Höker mit dem Hintersassen
und über allen Wolken schwebt?

Und statt sich über Land zu schinden
in Tagen, Wochen der Tortur,
das fernste Ziel erreicht auf Winden
in einer Handvoll Stunden nur?

Man möchte heute nicht mehr missen,
dass so bequem und rasch man reist,
und macht sich selten ein Gewissen,
was das für unsre Umwelt heißt.

Doch wie wir schmerzlich grad erfahren,
kommt es auch sonst wie zum Konflikt,
wenn täglich Menschen man und Waren
in Massen um den Globus schickt.

Nicht jeder dieser Passagiere
bezahlt für Service und für Sprit.
Ganz ohne Piepen und Papiere
fliegt heimlich auch das Virus mit.