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Ein Tischgespräch

Mit sich und mit der Welt zufrieden,
den Plastikstuhl ins Eck gerückt,
scheint just er bei den Hesperiden
die goldnen Äpfelchen gepflückt.

Er birgt sich unter einer Krempe,
die breiter als beim Cowboy-Hut,
als wär er Künstler oder Kämpe
mit wildem Revoluzzer-Mut.

Wozu indes nicht richtig passen
Bermudashorts und Hula-Hemd,
die freie Körperstellen lassen,
weil um den Bauch herum es klemmt.

Tut Abbruch nicht der guten Laune,
mit der er seine Zähne zeigt,
dass man sie allerseits bestaune –
weshalb er auch nur selten schweigt.

Ihm gegenüber eine Dame,
die ihm vermutlich angetraut
und dass sein Wortschwall nicht erlahme,
geduldig ihm ins Auge schaut.

Doch dem gebornen Schwadroneure
scheint diese Hörerschaft zu klein,
er dreht noch auf mit dem Geröhre
und redet auf die Nachbarn ein.

Grüß Gott, ich komm aus Sabbelhausen
und wohn da drüben vis-à-vis,
wolln heute hier mal anders schmausen
als ewig Fisch und Schalenvieh.

Geht doch nichts über deutsche Küche,
ganz selten, dass ich da mal nöl,
allein in Spanien die Gerüche
von Knoblauch und Olivenöl!

Von wo hat’s euch denn her verschlagen?
Soso, ihr kommt aus Zwergenbach –
ein nettes Fleckchen, muss ich sagen,
ich war mal da, weiß ich noch schwach.

Seid Rentner ihr und Residenten
oder nur kurz auf Urlaub hier?
Was uns betrifft, nach Jahren trennten
wir uns vom hiesigen Quartier.

Denn Enkelchen sind angekommen –
ach, wem die Bälger nicht gefieln!
Da haben wir uns vorgenommen,
die lieben Großeltern zu spieln.

Wir fliegen also nächste Woche.
Euch alles Gute und viel Glück!
So endet leider ‘ne Epoche,
doch kehrn fürn Urlaub wir zurück.

Im gleichen Sinne Kontra gaben
die Frohnaturn vom Nebentisch,
aus bierbeseelten alten Knaben
und Klunkermuttis ein Gemisch.

Selbst wen’ger aufmerksamen Hörern
entging kein Wort, das nicht geraunt,
nein, ungleich heimlichen Verschwörern
sie in die Welt hinausposaunt.

Ja, mehr an aufschlussreichen Fakten
von sich aus haben sie gesagt
als mancher, den laut Kirchenakten
man „peinlich“ einst dazu befragt.

Eins eins. Debatte unentschieden.
Die Punkte brüderlich geteilt.
Doch in dem beispielhaften Frieden
nur eine Mannschaft noch verweilt.

Team A erhob die müden Glieder,
ein letzter Ruf die Reihn entlang:
„Mit Sicherheit sehn wir uns wieder!“ –
Was eher wie ‘ne Drohung klang.

Vor dem Sturm

Vor dem SturmNoch liegt die Stadt im schönsten Frieden,
an dem nicht mal ein Lüftchen nagt,
und weiß nicht, was ihr gleich beschieden,
denn Sturm ist angesagt.

Schon hörte mehrmals ich die Schüsse
als Warnung dumpf vom Hafen her,
dass der Nordwest jetzt in die Flüsse
entfesselt peitscht das Meer.

Vertäut die Schiffe und die Schuten!
Und alles aus der Gegend raus,
die flach genug, zu überfluten,
ersäufend Mann und Maus!

Und schließt die Fenster und die Türen,
dass sie an Böen nicht zerschelln,
die Salz als Treibgut mit sich führen
und hohl wie Geister gelln!

Noch liegt die Stadt im schönsten Frieden,
doch glaubt mir, dieser Schein, er trügt:
Durchs Marschenland der Hesperiden
Okeanos sich pflügt!

Und wälzt, sich auf- und niederbäumend
wie ein Reptil in blinder Wut,
das Maul von Gift und Galle schäumend,
hammoniawärts die Flut.

Ich aber bleibe unerschrocken,
hock ich doch sicher auf der Geest,
in jedem Falle hoch und trocken,
wie stürmisch es auch bläst.

Der trockne Riesling, den ich trinke,
soll mir ein gutes Omen sein,
dass, wenn ich wirklich denn versinke,
in Fluten nur von Wein.