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Von Mäusen und Menschen

Wie sich die kleinen Nager gleichen
im Unisono ihres Graus,
und dass sie keinen Stand erreichen
als den der armen Kirchenmaus!

Doch steht der Löwe sich da besser?
Frisst er sich an Gazellen satt,
bis eines Tags er Silbermesser
und eine Luxusvilla hat?

Frag Elefanten, Krokodile,
den Reiher und den Kormoran,
ob ihre schlichten Domizile
sie jemals mit Komfort versahn.

Woher denn sollte der auch stammen?
Man bringt mit einem Beutezug
das Fressen grade mal zusammen,
das kaum für einen Tag genug.

So lebt das Tier im wahrsten Sinne
bescheiden von der Hand ins Maul
und hätt nicht mal was vom Gewinne,
der, kaum gelagert, auch schon faul.

Ob unterm Leben sie wohl leiden,
so völlig ohne Prunk und Pracht?
Ach, nicht mal von den Trauerweiden
hat je sich eine umgebracht!

Es ist dem Menschen vorbehalten,
zu jammern, dass er lausig lebt,
und einen Ehrgeiz zu entfalten,
der stets nach tausend Dingen strebt.

Am liebsten auch nach solchen grade,
mit denen er sein Image pflegt –
‘nen Portikus vor der Fassade,
‘nen Hänger, der ein Rennpferd trägt.

Doch wussten schon die alten Weisen,
dass Reichtum nicht das Glück vermehrt,
und eher noch den Wunsch, den leisen,
nach immer neuem Plunder nährt.

Inzwischen hat sich rumgesprochen,
dass wer darauf versessen ist,
beim Nagen seiner goldnen Knochen
auch massenhaft Ressourcen frisst.

Und während alle dies beteuern
von unsrer höchsten Führungscrew,
den Wachstumskurs sie weitersteuern
mit Volldampf auf die Klippen zu.

Politiker sind Totengräber,
die unter Trauergästen stehn.
Am falschen Flor der schlauen Streber
wird alles in die Grütze gehn.

Aussicht

AussichtWie ungern würd im nächsten Leben
ich flattern nur als Schmetterling,
nur trunken über Blüten schweben,
bis mich ein flotter Vogel fing.

Wie wenig würd es mir behagen,
kröch bäuchlings ich nur hin und her,
um fetten Mäusen nachzujagen,
bis ich des Habichts Beute wär.

Auch wünschte ich mir keine Flossen,
mit denen ich durchs Wasser hetz,
bedroht von größ’ren Artgenossen,
von Angel, Reuse oder Netz.

Kein bisschen könnte mich erwärmen
des Froschs versumpfte Lebenswelt:
ein Teich, umtanzt von Mückenschwärmen;
ein Storch, der ihn im Schnabel hält.

Und soll der Himmel mich bewahren,
mich dermaleinst als Huhn zu sehn –
gerupft bald, um im Topf zu garen,
wenn nicht am Spieße mich zu drehn.

Als Aussicht eines künft’gen Lebens
sei auch der Haushund mir versperrt:
Ein treuer Sklave, der vergebens
am Zügel seiner Knechtschaft zerrt.

Auch würd ich wenig darauf geben,
käm ich als Löwe auf die Welt,
womöglich hinter Gitterstäben
oder im luft’gen Zirkuszelt.

Als Grashalm selbst auf üpp’gen Auen
wär mir die Lebenslust vermiest
der Mäuler wegen, die da kauen,
was ihnen grün entgegensprießt.

Und schließlich hab mit Buchen, Eichen
genauso wenig ich im Sinn –
die dämmern ja, lebend’ge Leichen,
Jahrhunderte nur vor sich hin.

Nach einem Dasein ich mich sehne,
das friedlich und von Ängsten frei –
und dass nicht Hase noch Hyäne,
geschweig’ denn Mensch ich wieder sei!