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Supernova

Sonne und Mond, die großen Lichter,
sie leuchten auch in Versen oft,
wenn ein naturverbundner Dichter
auf glänzende Effekte hofft.

Das gilt genauso auch für Sterne,
die meistens man pauschal nur nennt,
weil in der ungeheuren Ferne
man sie am Blinken nur erkennt.

Mit Namen höchsten noch vertreten
Frau Venus, die mit Prunk besticht,
doch die gehört zu den Planeten,
ein Sternchen nur im Rampenlicht.

Da müsste manches schon passieren,
bevor man es in Strophen fasst –
vielleicht ein Riese explodieren,
der nicht mehr in die Hose passt.

Das aber scheint sich anzubahnen
da irgendwo auf weiter Flur,
so will es den Auguren schwanen,
die Himmelszeichen auf der Spur.

Der hünenhafte Beteigeuze,
Orions Jägern zugesellt,
liegt nämlich grade über Kreuze
just mit dem Träger, der ihn hält.

Die Spannkraft scheint ihm auszugehen,
die seine feste Form ihm schenkt,
dass er beginnt, sich aufzublähen
und schließlich seinen Gürtel sprengt.

Dann schösse in Sekundenschnelle
ein solcher Lichtblitz auf ins All,
dass lange noch ‘ne Super-Helle
des Sternendramas Widerhall.

Was wäre das für ein Spektakel,
ja, ein Millenniums-Event,
wenn nach dem kosmischen Debakel
das halbe Universum brennt!

Doch statt schon jetzt darauf zu lauern,
lass man die Linse noch bedeckt –
es kann womöglich lange dauern,
bis so ein Superstar verreckt.

Zehn, fünfzig oder tausend Jahre,
das weiß kein Meisterastronom,
denn so etwas ist Mangelware,
ein Glücksmoment im Zeitenstrom.

Da kann die Kamera verrosten,
auch wenn sie ständig schussbereit.
Und sollt es dich dein Leben kosten –
die Sterne haben sehr viel Zeit.

Mehr Sonne

Macht irgendwer sich darum Sorgen,
es möcht der Sonne was geschehn?
Sie kommt ja pünktlich jeden Morgen,
und nie hat man sie säumen sehn.

Sie steigt mit ersten Dämmerzeichen
behutsam übern Erdenrand,
um bald schon rosig zu bestreichen
den Himmel, der ihn überspannt.

Und wandert langsam von der Stelle,
bis sie am Mittag im Zenit,
wo sie in blendend weißer Helle
sich zu ‘nem Punkt zusammenzieht.

Doch mag sie da nicht lange sitzen,
die Hitze lässt ihr keine Ruh,
und leise wie auf Zehenspitzen
läuft weiter sie dem Westen zu.

Da liegt das Ziel der Tagesreise,
das Dunkel unterm Horizont,
das sie auf unsichtbare Weise
mit ihrem gleichen Licht besonnt.

In diesem Rhythmus immer weiter
wie seit Äonen schon vorher:
Der Tag mal wolkig und mal heiter,
doch niemals ohne Wiederkehr.

Ein Kunststück, sich da auszumalen,
dass diese Serie einmal reißt
und auf den innren Sonnenschalen
sie keine Kugel mehr umkreist.

Das aber haben Koryphäen
der Wissenschaft ihr prophezeit,
die tief in ihrem Herzen sehen
die Spuren der Vergangenheit.

Daraus die Zukunft auch erspüren
dank der Prozesse, die man kennt
und die‘s Inferno weiter schüren,
das brodelnd ihr im Busen brennt.

Und ihrer Wallung Hitzegrade,
sie halten damit gleichen Schritt
und teilen schließlich der Fassade,
der Hülle sich der Sonne mit.

Die ging, wer wollte es bestreiten,
nie sparsam um mit ihrem Gut
und lässt sich aus den Fingern gleiten
die aufgeheizte Strahlenflut.

Bist du Planet und auf der Pelle
ihr wie die Mücke ihrem Licht?
Dann fühl, wie aus der Feuerquelle
die Glut dich immer stärker sticht!

Und was da noch an Kreaturen
dir oben auf der Kruste kraucht,
hat auf den kochend heißen Fluren
sein Leben bald schon ausgehaucht.

Zuerst geht’s dem Merkur an’n Kragen.
Das hat der Gute nun davon,
so nah sich an den Kern zu wagen,
viel näher als ein Elektron.

Dann schlägt der Venus schwere Stunde –
so feurig ist der Sonne Kuss,
dass Runde immerzu um Runde
in Qualen sie sich winden muss.

Nun muss die Erde daran glauben,
die Nummer drei im Karussell;
die Grade stets sich höherschrauben,
bis sie ihr abgesengt das Fell.

Die Ströme dürsten und versiegen,
die Meere und die tausend Seen.
Es stirbt das Leben wie die Fliegen
und wird kein Hahn mehr danach krähn.

Der Weltenbrand, den ich entfache
hier auf poetischem Gefild,
hat nichts zu tun mit Panikmache,
wie höhren Orts man gerne schilt.

Er ist so sicher wie das Amen
von jeder Kirchenkanzel her
und auch in dem beschriebnen Rahmen,
als ob’s die Götterdämmrung wär.

Indes muss in Geduld sich üben
ein unerschrockner Defätist,
denn das Desaster kommt in Schüben
erst nach ‘ner größren Galgenfrist.

Noch tausend Millionen Jahre,
sofern der Augur sich nicht irrt,
kriegt sich der Stern nicht in die Haare
mit dem Geschmeiß, das ihn umschwirrt.

Das ist, um sich drauf einzustellen
in seiner ganzen Schwächlichkeit,
für Gottes findigen Gesellen
‘ne sagenhafte Vorlaufzeit.

Da kann er tüfteln und probieren
sein ganzes kurzes Leben lang,
bis schließlich sich die Flops summieren
zu seiner Söhne Forscherdrang.

Die pusseln dann verbissen weiter,
bis mal der große Wurf gelingt,
der einen auf der Himmelsleiter
ein gutes Stück nach oben bringt.

Ob allerdings die Menschenwesen
der Sonne Zorn dereinst entgehn,
darüber könnt ihr hier nichts lesen –
doch in den Sternen wird es stehn.

Das alte Wechselspiel

Das alte WechselspielNoch liegt der Abendröte Schimmer
verblassend auf der Häuserfront,
Relikt der Sonne, die wie immer
schon lange hinterm Horizont.

Ihr Erbe hat schon angetreten
ein ungeduldiger Trabant,
der platzt vor Stolz aus allen Nähten,
von Licht gefüllt bis an den Rand.

Das Timing wieder gut gelungen,
salopp gesprochen: wie geschmiert,
dass auf der Erde Niederungen
Hell stets mit Dunkel kontrastiert.

Es ist, als ob ein Schöpfer hätte,
von Rembrandts dunklem Stil verführt,
auf seiner kosmischen Palette
nur Licht und Kohle angerührt.

Doch nicht, dass auf ‘ner großen Fläche
ästhetisch Spannung er erzeug,
nein, dass die Zeit er unterbreche
und unters Joch des Rhythmus beug.

So flieht sie uns nicht ungesehen
mit unbewegter Miene hin
und muss uns Red und Antwort stehen
verlässlich im Uhrzeigersinn.

Doch malt zu düster nicht der Dichter?
Ist’s nicht ein heitrer Kontertanz?
Nachts hüpfen tausend Sternenlichter,
den Tag verklärt der Sonnenglanz.

Therapie

TherapieWillkommen seid, o Sonnentage
nach dieser Frühlingsfeuchtigkeit,
die fröhlich ihr mit einem Schlage
(wie man so sagt) hereingeschneit!

Das Erste ist der ew’ge Regen,
dass der nun endlich mal versiegt
und man mit ungeschütztem Brägen
kein’n Guss mehr auf die Platte kriegt.

Die Jacke lass nur hübsch am Haken.
Ein Hemd mit kurzen Ärmeln reicht,
um rüstig durch den Wind zu staken,
der schnurrend um die Schläfen streicht.

Was ist denn mit dem Grün geschehen,
das ihn mir säumt, den Wanderpfad?
Wie Kinderlein die Bäume stehen,
ganz frisch und sauber nach dem Bad!

Und wie nach überstandnen Nöten
die Kleinen plappern wie befreit,
hört man die Vögel wieder flöten
ihr lieblich Liedchen weit und breit.

Da müsst ich aber sehr mich täuschen,
wenn nicht wie ausgewechselt wär
die Welt nach all den Regenräuschen
und nach der Sonne Wiederkehr.

Wie Balsam wirken ihre Strahlen
auf das empfindliche Gemüt –
und keine Kasse muss bezahlen,
was heilsam da vom Himmel glüht!

 

Laue Sommernacht

Laue SommernachtDie Sonne längst schon abgenabelt
vom blendend blauen Firmament;
in Höhln, verschüsselt und verkabelt,
der Bildschirm nun als Funzel brennt.

Aus staubig ungepflegten Klauen
gab der Asphalt sein Spielzeug frei.
Wo sonst sich die Vehikel stauen,
brummt höchstens noch ein Krad vorbei.

Mit Stille nieder nun gekommen
nach eines Werktags starken Wehn,
lässt dieser Abend uns verschwommen
bis zu fünftausend Sterne sehn.

Und würdevoll durch ihre Mitte
ein wohlbeleibter Mond stolziert,
ganz Müh’ und Maß mit jedem Schritte,
der er dem Globus präsentiert.

Noch ist von Kühle nichts zu spüren,
die Stimmung weiter aufgeheizt.
Ein lauer Wind scheint sie zu schüren,
der nicht mit seinem Säuseln geizt.

Auch ist, als würd in diesen Lüften,
die nun nicht mehr oktangetränkt,
ein Weihrauchfass von süßen Düften
behäbig hin und her geschwenkt.

Und sei die Sonne auch versunken,
das Sternenheer, stets kampfbereit,
es schleudert willig seine Funken,
erhellend in die Dunkelheit.

Die schwarz und schwer uns auf der Seele,
als Alb oft auf den Träumen lag:
Nichts wen’ger heut, als dass sie quäle –
o Nacht gleich einem Sommertag!