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Meine Beatrice

Meine BeatriceDie Dame, die sich drüben immer
um diese Zeit im Fenster zeigt –
ich weiß nicht … dunkel alle Zimmer,
die Mauer, die Fassade schweigt.

Die drei Gevierte nur daneben,
in eine Reihe hingestreckt,
so gelb sich da wie gestern geben –
wie’n Büffel, der die Zähne bleckt.

Wo, die ich nie von Nah gesehen,
dern Angesicht mir stets verhehlt?
Verwundert muss ich eingestehen,
dass mir die Unbekannte fehlt!

Ja, diese schwarze Silhouette,
tief auf die Fensterbank gedrückt,
als ob sie schwer zu tragen hätte,
wenn sie so auf die Straße guckt

Und die doch weich in den Konturen
und voller Anmut sich bewegt,
dass man den Blick auf ihre Spuren
nur ungern wieder niederschlägt.

So mag der göttergleiche Dante
ganz selig sanft erschauert sein,
als dieses süße Bild ihn bannte
in einer Kirche Dämmerschein

Und er fortan in seinem Leben
gefolgt des Herzens eitlem Ruf,
dass wie ‘nen Dom mit Schiff und Streben
er ein gewalt’ges Lied erschuf.

Doch meine Beatrice drüben
befördert nicht der Verse Kraft.
Die Liebe muss ich wohl noch üben,
die unerwidert Großes schafft.

 

Kurze Ansprache

Kurze AnspracheIhr Leser, die ihr nicht Kohorten,
geschweige denn Legionen seid,
habt Dank, dass meinen spröden Worten
zu lauschen wieder ihr bereit.

Ich will, euch dafür zu belohnen,
ins Zeug mich legen wie nur was,
von dorther, wo die Musen wohnen,
euch Verse holen, vom Parnass.

Ein Supermarkt der größten Fülle
fürs ganze Dichtungszubehör –
vom Heldenlied bis zur Idylle
bedient sich hier der Connaisseur.

Ich, zugegeben, ich erwerbe
nur immer Kleinkram auf der Höh:
Gedichte, zwar geschätztes Erbe,
doch wen’ger als die Epopöe.

Indes soll sich der Meister zeigen
im Kleinen auch, weiß Volkes Mund.
Wie würd ich dem mein Ohr nicht neigen?
Die Wahrheit tut auch Lyrik kund.

Wie viele Namen könnt ich nennen,
die dies bezeugen grandios,
durch die Jahrtausende euch rennen,
begeistert brüllend stets: Famos!

John Donne seht auf dem Rosse reiten,
den blinden Milton hinten drauf
und den, dem manche es bestreiten,
geboren an des Avon Lauf.

Seht Dante, Bashō, Baudelaire,
Corinna seht und Kanik, Keats,
zu jeder Zeit in jeder Sphäre
hat sie geblüht, die Kunst des Lieds.

(Um einen Großen deutscher Zunge
als Beispiel noch heranzuziehn:
In dieser sang mit schönstem Schwunge
und heil’gem Eifer Hölderlin.)

An diesen, Himmel!, mich zu messen,
wär Hybris, wie der Grieche sagt:
Sie haben statt Talent besessen
Genie, das dies noch überragt.

Doch selbst wenn mit beschränkten Mitteln
im „Musenmarkt“ man Kunde ist –
die Kasse wird es nicht bekritteln,
denn Kleinvieh, weiß sie, macht auch Mist.

Soweit mein Trost. In jedem Falle
das Beste gut genug mir sei
für euch: Wie hier zum Widerhalle
ich dieses schreib von Strophe zwei.

So wäre denn der Kreis geschlossen.
Fort mit der Lyra, der Schalmei!
Dem fleißigen, dem Flügelzossen,
geb ich bis morgen erst mal frei.