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Am dunklen Strand

Am dunklen StrandAm Strand, die Beine zu verrenken.
Und Finsternis gibt’s oben drauf.
Nur an den Ponton-Muschelbänken
blinkt manchmal noch ein Flämmchen auf.

An ein’gen ausgewählten Stellen
hockt Möwenvolk in Kolonien
direkt am Fuß der Uferwellen,
die schäumend vor ihm niederknien.

Und auf des Meers vermummte Weite
stülpt düster sich das Firmament.
Schon ging der Mond so in die Breite,
dass von der Sichel er sich trennt.

Drum hat auch Venus ihn verlassen,
die nicht auf dicke Typen steht,
und birgt sich unter Wolkenmassen,
die Zephir gnädig nicht verweht.

Doch stößt du weder Kopf noch Wade,
weil’s an Beleuchtung dir gebricht;
denn durch die Nacht der Promenade
führt sicher dich Laternenlicht.

Man kann sich ihnen anvertrauen
auch ohne Kompass und Sextant
und furchtlos in die Ferne schauen,
die Beine immer fest an Land.

Und endlich wieder heim zu Hause,
nach langer Wanderung retour,
erblüht noch mal in meiner Klause
der ganze Zauber der Natur.

Lichtblick

LichtblickDas ist ‘ne komische Geschichte,
die ich hier kurz erzählen will,
das heißt ganz ehrlich und bei Lichte
wär’s besser wohl, ich wäre still.

Egal – die Beine zu vertreten,
bin ich noch mal hinausgeschlüpft,
damit mir bei Garneln und Gräten
das Fischerherz so richtig hüpft!

Und, ihr seid selbst schon drauf gekommen,
verblichen war der liebe Tag,
dass mir nur dunkel und verschwommen
dies Nachtstück vor den Augen lag.

Das Meer, ein einz’ges schwarzes Schweigen,
da lag es glatt und unbewegt
und ohne dieses Falln und Steigen,
das seine Wellen weiterträgt.

Kein Glucksen, kein verhaltnes Lallen;
es war, als ob’s gefroren wär
zu finster-frostigen Kristallen
von Kohle oder Pech und Teer.

In diesem Flöz, das ohne Grenzen,
glomm nirgendwo ein Fünkchen auf,
kein goldnes Lämpchen, um zu glänzen
‘nem Schiff in seinem Schlingerlauf.

Und drüber sich der Himmel spannte
genauso finster und so fern.
Zwei Lichter nur, zwei unverbannte:
Der Mond nur und der Abendstern.

Nachtwanderung

NachtwanderungHoch überm Meer des Mondes Sichel,
wie sie die Sterne niedermäht:
Ich hab’s gesehn, ein deutscher Michel,
beim Strandspaziergang heut noch spät.

Das Völkchen da auf meinem Wege,
es plauderte auf Spanisch meist,
indes auch fremder Mundart Pflege
beförderte der heil’ge Geist.

Der Abend lau und machte Ehre
dem Tage, den er schwarz beschloss.
Fern in die Bucht, am Kopf der Kehre,
der Sonne luft’ge Lava floss.

Es gingen Leute brav spazieren
und andre standen wie gebannt,
dies Lichtspiel filmisch einzufrieren,
Naturkost einst aus zweiter Hand.

Und aus den zitternden, den Flanken
des Meers gebar sich eine Jacht,
zum Hafen bangen Bugs zu schwanken,
wo fest sie ihre Träume macht.

Kein Untier hob sich aus den Tiefen,
kein Donner das Idyll zerriss.
Die Fische und die Sterne schliefen
in ihrer eignen Finsternis.

Auf festem Boden mit den Hufen;
doch neben ihnen, zwei, drei Schritt,
ein Friedhof, den die Stürme schufen.
Und lauernd ging er immer mit.

 

Genau andersrum

Genau andersrumEin voller Mond, der dunstverhangen
schwebt hoch im leeren Himmelsraum;
an Scheitel, Kinn und an den Wangen
sprießt ihm das Licht als dünner Flaum.

Heut hat er keine Konkurrenten,
die auch die Blicke auf sich ziehn.
Die treuen Sterne-Abonnenten
vergeblich vor dem Fernrohr knien.

Im namenlosen Grau verloren
setzt blind er seine Reise fort,
ganz im Vertraun auf die Motoren
der Kosmos-Compagnie an Bord.

Als hätten sie ihn je verlassen,
seitdem er auf die Piste schoss;
die Jungens in den Boxengassen,
was ha’m die bloß fürn lahmes Ross!

(Der Trick da oben bei den Sternen,
der wär auch hier der große Hit:
Die Reibung müsste man entfernen –
und ab die Post, ganz ohne Sprit!)

Jetzt ist er schon vorangekommen,
wobei er auch noch höher stieg,
noch immer neblig und verschwommen –
so flieg denn, Mond, Mondkäfer flieg!

_________

Gefühlsausbruch, der voll daneben,
stellt auf den Kopf ja alles glatt!
Da oben, stumm, das ew’ge Leben,
hier Schwätzer nur, die morgen platt.

Kein Herkules

Kein HerkulesDer Vollmond wär es wert gewesen,
dass ich ihn lyrisch angebellt,
doch war ich noch beim Blütenlesen
auf einem andern Musenfeld.

Er hat sich nicht die Müh genommen
zu kurzem ruhenden Verkehr –
erhobnen Hauptes fortgeschwommen
ist zügig er im Wolkenmeer.

Nun liegt der Himmel unbeleuchtet,
nicht mal gespickt vom Sternenschein,
indes allmählich Tau befeuchtet
der Bäume lichte Blätterreihn.

Grad hat es Mitternacht geschlagen,
unhörbar mangels Kirchenuhr,
und auch die Geister, die jetzt tagen,
verraten sich gedanklich nur.

Romantik einer Bahnhofsgegend:
Tristesse von Schmuddel und Verfall.
Der Dichter, sich darin bewegend:
Apollo im Augiasstall.

Doch ohne Chance auszumisten,
was Herkules allein vermag.
So muss ich denn hier weiternisten
in meinem sauberen Verschlag.

Die Kunst indes wird drum nicht leiden,
sie ist genügsam wie das Vieh.
Wo immer Pegasus wir weiden,
ihm reicht ein Häufchen Fantasie.

Sieht alles

Sieht allesDer Mond da oben, weit zu sichten
wie’n Leuchtturm am ersehnten Strand,
was könnte er uns nicht berichten
von diesem oder jenem Land?

Beharrlich strahlt er uns entgegen,
dass als Markierung er uns dien,
doch auch auf tausend andren Wegen,
die unsern Blicken sich entziehn.

Wir sehn nur bis zur Nasenspitze
und bilden uns wer weiß was ein,
doch er beschnüffelt jede Ritze
hienieden mit Laternenschein.

Er hat auf seinen langen Fahrten
so viel an Kenntnissen gehäuft
bezüglich aller Geo-Sparten
und weiß, wie hier der Hase läuft.

Vor allem dieses wüste Krabbeln
stößt auf ihm schon seit Olims Zeit:
Das kommt, weil sich die Tierchen kabbeln
um irgendeine Nichtigkeit.

Da bleiben viele auf der Strecke,
Kadaver liegen rings verstreut.
Doch kaum erholt von diesem Schrecke,
verbeißt der Haufen sich erneut.

Ja, aus der Vogelperspektive
nimmt manches sich wohl seltsam aus.
Und ihm entgeht die intensive
Gottähnlichkeit der Erdenlaus.

 

Glänzender Fischzug

Glänzender FischzugIn einem Netz aus schwarzen Schwaden
verfing der Mond sich heute Nacht,
als hätte man aus tausend Faden
geborgen ihn und hochgebracht.

Ein Leuchtfisch von enormer Größe,
doch schuppenlos und kugelrund
und ohne Flossen für die Stöße,
ihn zu bewegen über Grund.

Was für ein Fang! Seit hundert Jahren
sah wohl kein Mensch so ‘n Exemplar.
Nur Männer, die das Meer befahren,
beschwören’s in der Hafenbar.

Kaum kann ich meine Augen wenden
von diesem Prachtstück, das da glänzt!
Wird das mal im Museum enden?
Auf einer Tafel, dillbekränzt?

Die ihn gefischt aus finstren Tiefen,
die freuen jedenfalls sich schon,
dass ihre Börsen morgen triefen
vom schweißbedeckten Finderlohn.

Wird niemand denn ‘nen Finger rühren,
dass man lebendig ihn erhalt?
Bassin und Futter und Gebühren!
‘s ist billiger, man macht ihn kalt.

Man füllt sich lieber gleich die Taschen
und murkst selbst Schöpfungswunder ab.
Zum Heulen. Aber da, die Maschen,
er ist entwischt, sie hängen schlapp!

Noch mehr Mond

Noch mehr MondDa schwebt und völlig aufgeblasen
zum proppedicken Luftballon
als Krönung seiner lichten Phasen
der Vollmond ohne Hofkokon.

Stark sticht er ab vom Himmelsgrunde,
dass deutlich er Kontraste schafft.
Sein Leib, der aufgeblähte, runde,
sieht gelblich aus und dotterhaft.

So wie er durch die Lüfte gleitet
ganz ohne Tampen, ohne Tau,
scheint’s, dass er auf den Winden reitet
und ziellos einfach nur ins Blau.

Und wenn dann hinter ihm erst liegen
die Dächer, die im Sprung er nahm,
wird er ins All davon uns fliegen,
von wo noch niemand wiederkam.

Nun ja, der Augenschein muss trügen,
denn heute weiß doch alle Welt,
dass der Trabant auf seinen Flügen
sich immer an die Erde hält.

Dies Faktum kann ich nur begrüßen:
Wie arm wär sonst die Poesie!
Millennien lagen ihm zu Füßen
und gern beug ich ihm auch mein Knie.

Man muss es ja nicht übertreiben
mit der romant’schen Bilderflut –
doch ab und zu wie Claudius schreiben,
ich glaub, das tut der Seele gut.

 

Das alte Wechselspiel

Das alte WechselspielNoch liegt der Abendröte Schimmer
verblassend auf der Häuserfront,
Relikt der Sonne, die wie immer
schon lange hinterm Horizont.

Ihr Erbe hat schon angetreten
ein ungeduldiger Trabant,
der platzt vor Stolz aus allen Nähten,
von Licht gefüllt bis an den Rand.

Das Timing wieder gut gelungen,
salopp gesprochen: wie geschmiert,
dass auf der Erde Niederungen
Hell stets mit Dunkel kontrastiert.

Es ist, als ob ein Schöpfer hätte,
von Rembrandts dunklem Stil verführt,
auf seiner kosmischen Palette
nur Licht und Kohle angerührt.

Doch nicht, dass auf ‘ner großen Fläche
ästhetisch Spannung er erzeug,
nein, dass die Zeit er unterbreche
und unters Joch des Rhythmus beug.

So flieht sie uns nicht ungesehen
mit unbewegter Miene hin
und muss uns Red und Antwort stehen
verlässlich im Uhrzeigersinn.

Doch malt zu düster nicht der Dichter?
Ist’s nicht ein heitrer Kontertanz?
Nachts hüpfen tausend Sternenlichter,
den Tag verklärt der Sonnenglanz.

Glücklich zurück

Glücklich zurückHat er sich endlich losgerissen
von seinem ew’gen Gängelband
und irrt auf Pfaden, ungewissen,
durch uferlosen Sternensand?

Wie ich zum leeren Himmel blicke,
wo er seit Wochen nicht erschien,
und unbewusst im Geiste nicke
zu so abstrusen Theorien

Zeigt unversehns sich in ‘ner Ecke
da oben rechts am Dächerrand
und sehr wahrscheinlich zu dem Zwecke,
mich zu beschämen, der Trabant.

Er wirkt ein wenig angeschlagen –
wie immer auch, wie immer auch!
So bleich und ohne Mantelkragen
und mit ‘ner Delle drin im Bauch.

Ja, nur Geduld, Geduld – am Ende
klärt sich doch alles wieder auf.
Der Mond markierte keine Wende
im kosmisch vorgesehnen Lauf.

Experten werden sicher lächeln
der Einfalt wegen, die ich zeig,
würden sie selbst doch niemals schwächeln
in diesem alten Wissenszweig.

Die Wolken haben ihn verborgen –
natürlich leuchtet mir das ein.
Doch werd ich mich auch künftig sorgen –
und frage nicht nach Sonnenschein!