Schlagwort-Archive: Soldaten

Mit Abstand besser

Der Mensch ist ein gesellig Wesen,
hat einst ein weiser Mann gesagt,
und hockte nächtelang am Tresen,
bis morgens ihn der Wirt verjagt.

So kann ich jedenfalls mir denken,
wie es zu diesem Urteil kam,
obwohl man auf den harten Bänken
der Schule so es nie vernahm.

Nun, Aristoteles beiseite,
der Ausspruch hat sich oft bewährt,
so, wenn man solo durch die Weite
der menschenleeren Wüste fährt.

Auch wenn im Stampfen der Motoren
man nächtlich an der Reling lehnt
und in der finstren Flut verloren
sich nach der fernen Liebsten sehnt.

Was sag ich – selbst von unsresgleichen
wie von ‘nem Bienenschwarm umschwirrt,
kann leicht uns das Gefühl beschleichen,
wir hätten uns im Wald verirrt,

Ja, mitten unter Volksgenossen,
‘nen halben Meter kaum getrennt,
hält man die Lippen wohl verschlossen,
weil keinen man persönlich kennt.

Am meisten macht uns grad zu schaffen
ein mikrowinziger Filou,
der dazu zwingt, dass Lücken klaffen,
Distanzen zwischen Ich und Du.

Mit dem ist nicht gut Kirschen essen,
hat man sich den erst aufgesackt,
drum Vorsicht und schön Abstand messen,
mit ihm auf keinen Fall Kontakt!

Doch wär’s nicht an der Zeit, zu fragen,
da uns schon lang das Virus quält,
ob da kein Vorteil draus zu schlagen,
der seine Wirkung nicht verfehlt?

Ich seh euch an die Stirne tippen:
Schon wieder so ‘ne Schnapsidee.
Die Leute aus den Latschen kippen,
und er malt Engel in den Schnee!

Doch denkt zum Beispiel an Soldaten,
die eingeschnürt in Reih und Glied,
und leicht so in Gefahr geraten –
den Mund womöglich auf zum Lied!

Würd denen aus Gesundheitsgründen
„Kein Schulterschluss!“ man dekretiern,
die Stiefel einmal stille stünden,
die ewig in den Krieg marschiern!

Utopisch

Ist überall denn gleich das Leben,
so wie bei unsereins im Kern?
Kann es nicht andre Formen geben,
vielleicht auf einem andren Stern?

Da könnte ich ein Land mir denken,
wo alles mit Humor geschieht
und sich die Leut‘ ein Lächeln schenken,
bevor man noch die Sonne sieht.

Die Stütze unsrer Potentaten,
oft trübe im geliehnen Licht,
Beamte wären wohlgeraten
und mobbten ihre Bürger nicht.

Und die mit Knüppel und mit Knarre
vertreten hier die Obrigkeit,
sie führen keinem an die Karre –
stets freundlich und stets hilfsbereit.

Der Richter auch von Gottes Gnaden,
der urteilt mit Gesetzeskraft,
er dächt, es würd am meisten schaden,
und nähme das System in Haft.

Herr Lehrer, bitte eine Frage!
Erspar sie dir, du Naseweis:
Man lernte dort mit einem Schlage
per Pille ohne Angst und Schweiß!

Politiker, die unsren gleichen,
ganz nah am „Wohl des Volkes“ dran?
Dort hielt man es nicht mit den Reichen
und wirklich mit dem kleinen Mann.

Und was ist mit den Klerikalen
im Gnadenstand der Fantasie?
Man müsste Eintritt dort bezahlen
für so viel Märchen und Magie.

Die aber auf der Knete glucken,
nur dass sie goldne Eier leg?
Man gäb dort ohne Wimpernzucken
dem Bettler sie mit auf den Weg.

Genug der Wunder. Nur Soldaten,
die fehlen noch zu guter Letzt:
Dort würde ihren Heldentaten
bestimmt kein Denkmal mehr gesetzt.