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Lukrative Lümmel

Regierende sind oft Halunken,
die eher sich als Engel sehn,
obwohl sie macht- und moneytrunken
gefühllos über Leichen gehn.

Und haben alle doch beteuert,
beschworn, besiegelt und signiert,
dass stets den gleichen Kurs man steuert
wie alle Welt, zivilisiert.

Die aber lässt sich gerne foppen
und pisst den Heuchlern nicht ans Bein –
ihr einz‘ges Ziel heißt shoppen, shoppen,
egal bei welchem Schlachtverein.

Und wollen selbst ja auch verschachern,
was jenem in die Augen sticht
und ihnen als Geschäftemachern
den höchsten Zugewinn verspricht.

Um aber diesen „Wert zu schöpfen“,
den schwarz man in die Bücher schreibt,
man sicher nicht mit Hosenknöpfen
und Gummibärchen Handel treibt.

Da braucht’s gewichtigere Waren,
Maschinen und Spezialgerät,
um Menschen selbst dort einzusparen,
wo eh sie schon zu reich gesät.

Ja, immer schon ein Faible hatten
Despoten für das Muskelspiel –
Kanonen, Panzer und Fregatten
empfehlen sich da für den Deal.

Da wird in andren Dimensionen
vom Güteraustausch profitiert,
dass Kriege allemal sich lohnen
für den, der Waffen produziert.

Mir ist indes versagt geblieben
der Sinn für Mammon überhaupt
und hab mir immer nur die Grieben
aus diesem Daseinsschmalz geklaubt.

Ui, dieses Bild ist so daneben
wie mein Instinkt für Gut und Geld!
Doch bin ich, Pluto, darum eben
in deinen Augen nicht ein Held?

Tagesgericht

Wenn ich am Abend jetzt gelassen
über die Schulter schau dem Tag
und sollt ‘ne Note ihm verpassen,
ich erst einmal am Nagel nag.

Ist irgendwas herauszustreichen,
das anderen voraus er hat,
die bis aufs Haar sich alle gleichen
wie’s Schwarz auf dem Kalenderblatt?

‘ne Pirsch in einem Wildgehege?
Kunstkucken in ‘ner Galerie?
Besuch im Studio Körperpflege
mit Anti-Aging-Garantie?

Unmöglich selbst beim besten Willen.
Ist momentan doch alles zu.
Bevor wir nicht Corona killen,
bleibt Herdenbildung streng tabu.

Dann also lieber Bücher lesen
und was man sonst zu Hause macht,
bis von der Pandemie genesen,
die Welt aus ihrem Schlaf erwacht.

Genauso habe ich’s gehalten –
mal in Lektüre mich vertieft,
mal durch den Dunst, den feuchten, kalten,
mich bis zum Supermarkt geschnieft.

Danach mit rosarotem Zinken
zu Haus mich wieder eingeloggt,
um in dem Sessel zu versinken,
in dem es sich am weichsten hockt.

Jetzt hieß es lungern nur und lauschen:
Musik mit Harfen und Schalmein.
Den Platz würd ich mit niemand tauschen.
Hier nickt man straflos auch mal ein.

Um dem indessen vorzubeugen,
griff ich zur Flöte dann direkt,
um selber Töne zu erzeugen –
die hätten Lazarus erweckt!

Konnt nicht ein Tässchen Tee mich reizen?
Natürlich, nach verdienter Ruh!
Man muss nicht mal den Finger spreizen,
es schaut ja keiner einem zu.

Und endlich auch, den Kreis zu schließen,
der stete Nachtritt zum Parnass,
um frische Verse nachzugießen
ins durst’ge Danaidenfass.

Was gibt es da noch zu bedenken?
Mir ist ums Urteil nicht mehr bang:
Mehr kann ein Tag doch wohl nicht schenken
als so ‘nen fleiß‘gen Müßiggang!

Fassadengestaltung

Er wird uns wohl noch lang begleiten,
der lästige Fassadenschutz,
damit in diesen laus’gen Zeiten
dem Virus er die Flügel stutz.

Warum nicht draus das Beste machen
so wie aus jedem Kleidungsstück,
dass statt nur Kurven abzuflachen,
er seinen Träger auch noch schmück?

Ich meine nicht nur ein paar Diven,
die sich schon jetzt darauf verstehn,
nein, die diversen Perspektiven,
die für das Gros des Volks zu sehn.

Das fängt schon an bei den Formaten:
Nur immer DIN A 1,2,3?
Designer könnten dich beraten,
dass deine Larve cooler sei.

Dir liegt an deiner Handwerksehre,
wie sie auch für Friseure gilt?
Dann pinsle dir doch Kamm und Schere
auf dein textiles Firmenschild!

Und machst du hin und wieder Grütze
als Profi, nicht als Dilettant,
empfehlen Löffel sich und Mütze
als Sinnbild für den Köchelstand.

Auch seine Herkunft nach Regionen,
etwa als Bayer statt als „Preiß“,
kann mit dem Tüchlein man betonen,
hier mit den Farben Blau und Weiß.

Indes der Landsmann von der Küste,
der seine Heimat nicht verhehlt,
als Zeichen maritimer Lüste
den Hummer sich zum Wappen wählt.

Wer will, dass ihn die Welt beneide
um seine noble Eleganz,
der greift zurück auf Samt und Seide
für den gepflegten Mummenschanz.

Und, sei’n wir ehrlich, diesem Fetzen,
der los sich überm Zinken spannt,
womöglich ‘nen Akzent zu setzen
mit Perle gar und Diamant.

Wen aber Winde leicht erschüttern
grad in der kalten Jahreszeit,
der kann mit Fell das Häubchen füttern,
wenn’s sein muss, auch zwei Finger breit.

Auch die den Luxus streng verneinen,
die Ökos kommen nicht zu kurz –
sie nutzen Jute nur und Leinen
für ihren Nasenlendenschurz.

Die aber lautstark protestieren,
dass durch den Blätterwald es braust,
die führn auf offenen Visieren
martialisch die geballte Faust.

Genug nun aber der Exempel.
Nur einem geb ich noch das Wort,
dem, der wie weiland Lehrer Lämpel
die Weisheit treibt als Leistungssport.

Dem Staatsmann, wie wir wohl schon ahnen,
sich rühmend ohne Unterlass.
Der schreibe sich auf seine Fahnen:
Wer, wenn nicht wir? Wir schaffen das!

Doppelte Moral

Die Erde bebt, die Mauern fallen,
ins Freie alles rast und rennt,
kann kaum das Nötigste sich krallen,
nur weg, nur weg in dem Moment!

Und wer noch mal davongekommen
nur leicht lädiert mit heiler Haut,
noch außer Atem und beklommen
in Eile nach den Seinen schaut.

Und unbeschreiblich seine Freude,
wenn er sie unversehrt erblickt
im Trümmerhaufen der Gebäude,
die vor dem Beben eingeknickt.

Doch unermesslich auch die Trauer,
wenn seine Hoffnung sich zerschlug
und eine eingestürzte Mauer
das Liebste ihm zu Grabe trug.

Wo allerdings so auf die Schnelle
das Unheil man noch nicht ermisst,
sind viele Helfer bald zur Stelle,
zu retten, was zu retten ist.

Sie spürn nach jedem Lebenszeichen,
das aus der kleinsten Ritze weht,
in einem Einsatz ohnegleichen
mit Hunden und Spezialgerät.

Und knöcheltief im Schutt sie knien
an dieser aufgewühlten Statt,
um lebend noch herauszuziehen,
was nicht der Stein zerschmettert hat.

Da wurde noch ein Kind geborgen
drei Tage später, nur geprellt,
und mit der Freude geht schon morgen
ein Foto um die ganze Welt!

Dagegen wär nichts einzuwenden,
wär gleichermaßen man gerührt,
hätte der Mensch mit eignen Händen
so eine Not herbeigeführt.

Doch wenn sie sich die Schädel spalten,
von ihren Obren aufgehetzt,
die besten Regungen erkalten,
die sonst man als human geschätzt.

Die kann beim Schlachten man nicht brauchen,
so bringt es sich viel leichter um,
bis blühnde Felder schließlich rauchen
wie’n Freilichtkrematorium.

Das kann noch Jahre weitergehen.
falls es ein Potentat so will
und all die Friedenskoryphäen
„besorgter“ Staaten halten still.

Und doch ist mit dem Blutgelecke
ja irgendwann auch einmal Schluss.
Der Feldherr inspiziert die Strecke
und sieht den Feind dabei im Plus.

Zerfetzt, verstümmelt die Soldaten,
verschont nicht mal der Zivilist.
„Mit unsren Bomben und Granaten
halt nicht gut Kirschen essen ist!“

Auch Kinder sie zu Tod erschrecken,
die schreiend vor der Drohne fliehn,
um da gerade zu verrecken,
wo’s ihnen bombensicher schien!

Ja, selbst den Säugling in der Wiege,
der eben erst ins Licht sich döst,
als wär er nur ‘ne Eintagsfliege,
sie gleich zurück ins Dunkel stößt!

Erobern, plündern, massakrieren.
Gewollte Katastrophe Krieg.
Wenn Menschen wieder mal vertieren,
spricht alle Welt von Politik.

Was für ein schizophrener Haufen
befindet über fremdes Leid:
Mal blind begierig, Blut zu saufen,
mal trunken vor Barmherzigkeit!

Der starke Mann

Zu den berufsbedingten Zügen,
an denen es nur selten fehlt,
gehört beim Staatsmann das Belügen,
wozu auch das Verschweigen zählt.

Er kann nicht alles offen sagen,
was insgeheim schon ausgedacht,
weil ihm des Volkes Unbehagen
den Plan sonst früh zunichtemacht.

Auch gegen jene aufzuhetzen,
denen sein Regiment missfällt,
zählt zu den ehernen Gesetzen,
nach denen auch der Köter bellt.

Und schließlich sind so abgehoben
vom Boden sie der Wirklichkeit,
dass sie sich ständig selber loben –
für das selbst, was zum Himmel schreit.

Und wie beim Mimen im Theater
die Maske man zumeist nicht spürt,
so wird vom „guten Landesvater“
die Masse hinters Licht geführt.

Mag’s als Entschuldigung ihr dienen,
dass stets man übers Ohr sie haut
und sie die glatten Pokermienen
der Sonntagsredner nicht durchschaut!

Doch was soll man von Leuten halten,
die sich nicht störn an Heuchelei
und diese finsteren Gestalten
hofieren mit Hurrageschrei?

Ach, wären untern braven Christen
die schwarzen Schafe nicht Legion,
dann gäb’s auch keine Populisten –
mit einem Wort: der Sünde Lohn!

Helfershelfer

Noch immer kann mein Kopf nicht fassen,
dass einer, der das Zepter schwingt,
des Volks unabsehbare Massen
so einfach in die Knie zwingt!

Sind etwa da geheime Kräfte,
womöglich höhere im Spiel,
denen so schmutzige Geschäfte
zu unterstützen es gefiel?

So wie in früheren Dekaden,
als man per Unterschrift verbrieft:
Wir, König, sind von Gottes Gnaden
auf diesen Unsren Thron gehievt?

Doch diesem finstren Aberglauben
verfällt inzwischen keiner mehr:
Fürs Foltern, Knechten, Köpfen, Rauben
gäb sich der liebe Gott nicht her!

Nein, ganz profane Erdensöhne
gehn dem Despoten heut zur Hand –
für attraktive Judaslöhne
und Ordensschmuck am Gängelband.

Die heißen höflich Ordnungshüter
im allgemeinen Sprachgebrauch,
doch schützen des Tyrannen Güter
mit Knarre, Stock und Wasserschlauch.

Mit derart feilen Marionetten,
Gesinnungssöldnern unsrer Zeit,
kann der sich vor den Fäusten retten
der Bürger, die zum Kampf bereit.

Doch fast noch mehr als diese Truppe
nützt ihm das Pfui der „freien Welt“ –
die spuckt ihm niemals in die Suppe,
nur werbewirksam ihn verbellt.

So kann er weiter paradieren
in seiner Karnevalsmontur,
bis jäh in Galle, Herz und Nieren
sie nicht mehr tickt, die Lebensuhr.

Ist dieser erst ins Grab gesunken,
hört dann das Elend endlich auf?
Ach, leider fehlt’s nicht an Halunken –
und mancher setzt noch einen drauf!

Von Mäusen und Menschen

Wie sich die kleinen Nager gleichen
im Unisono ihres Graus,
und dass sie keinen Stand erreichen
als den der armen Kirchenmaus!

Doch steht der Löwe sich da besser?
Frisst er sich an Gazellen satt,
bis eines Tags er Silbermesser
und eine Luxusvilla hat?

Frag Elefanten, Krokodile,
den Reiher und den Kormoran,
ob ihre schlichten Domizile
sie jemals mit Komfort versahn.

Woher denn sollte der auch stammen?
Man bringt mit einem Beutezug
das Fressen grade mal zusammen,
das kaum für einen Tag genug.

So lebt das Tier im wahrsten Sinne
bescheiden von der Hand ins Maul
und hätt nicht mal was vom Gewinne,
der, kaum gelagert, auch schon faul.

Ob unterm Leben sie wohl leiden,
so völlig ohne Prunk und Pracht?
Ach, nicht mal von den Trauerweiden
hat je sich eine umgebracht!

Es ist dem Menschen vorbehalten,
zu jammern, dass er lausig lebt,
und einen Ehrgeiz zu entfalten,
der stets nach tausend Dingen strebt.

Am liebsten auch nach solchen grade,
mit denen er sein Image pflegt –
‘nen Portikus vor der Fassade,
‘nen Hänger, der ein Rennpferd trägt.

Doch wussten schon die alten Weisen,
dass Reichtum nicht das Glück vermehrt,
und eher noch den Wunsch, den leisen,
nach immer neuem Plunder nährt.

Inzwischen hat sich rumgesprochen,
dass wer darauf versessen ist,
beim Nagen seiner goldnen Knochen
auch massenhaft Ressourcen frisst.

Und während alle dies beteuern
von unsrer höchsten Führungscrew,
den Wachstumskurs sie weitersteuern
mit Volldampf auf die Klippen zu.

Politiker sind Totengräber,
die unter Trauergästen stehn.
Am falschen Flor der schlauen Streber
wird alles in die Grütze gehn.

Fehlentwicklung

Ist es schon immer so gewesen,
dass es nach oben einen führt,
wenn man mit populären Thesen
dubiose Emotionen schürt?

Meist scheint die Rechnung aufzugehen,
wie man in vielen Ländern sieht,
wo gern an dieser Schraube drehen,
die’s in die höchsten Ämter zieht

Und dabei schwimmen auf der Welle
der demokratischen Struktur:
Die Mehrheit siegt auf alle Fälle,
und wär sie noch so dünn auch nur!

So kommt wo immer auch die Masse,
beduselt von des Schwätzers Schwall,
mehr durch ‘ne kleine Seitengasse
bisweilen auch mal an den Ball.

Kaum aber auf den Leim gekrochen
dem großen Magier und Mäzen,
hat der auch schon sein Wort gebrochen
und lässt sie schön im Regen stehn.

Heißt: Jener, dem sie diese steile
Karriere erst ermöglicht hat,
nährt nur des Volkes Vorurteile
und macht nicht seine Bäuche satt.

Hat erst die Zügel er in Händen,
dass er den Kurs bestimmen kann,
beginnt er auch schon umzuwenden
das willenlose Staatsgespann

Und führt die angeschmierten Ochsen
auf einem windigen Parcours
statt an gefüllte Futterboxen
direkt ins Joch der Diktatur.

Um jeden Anstand zu vergessen,
Gewissen, Ehre, Menschlichkeit –
wie ist der Lohn dafür bemessen,
der Judaslohn für fremdes Leid?

Sich wohlig in der Macht zu wälzen
wie eine Wildsau im Morast,
vor Seligkeit dahinzuschmelzen,
wenn man den Leuten eins verpasst?

Wie könnte selber er erklären,
was seinen eitlen Trieb geweckt –
glaubt er doch selbst in allen Ehren,
dass etwas Großes in ihm steckt.

Und einsam weilt er auf der Höhe,
wo spähend nur der Adler kreist,
und fürchtet sich doch vor der Böe,
die jäh ihn in den Abgrund reißt.

Ließ er nicht schon Moral vermissen,
kaum dass er auf den Füßen stand?
Den Fröschen Beine ausgerissen,
den Ischen Puppen aus der Hand?

„Früh krümmt sich“, hört man öfter sagen
des Volkes weisheitsfrohen Mund –
doch statt zum Häkchen auszuschlagen,
wird mancher nur zum krummen Hund.

Fünf vor zwölf

Man nimmt gewöhnlich es gelassen,
wenn allseits man auf Leute stößt,
selbst in den kleinsten Seitengassen,
wo Michel seinen Tag verdöst.

Die Brut hat nämlich sich verbreitet
pandemisch über Land und Meer,
dass nicht mal völlig unbegleitet
beim Bummel man am Südpol wär.

Am schlimmsten sind die Metropolen,
da schwimmt man in der Masse mit,
dass selbst man mit den besten Sohlen
beinahe auf der Stelle tritt.

Die sind so sehr ins Kraut geschossen,
dass schon die Erde übersät
mit diesen steinernen Kolossen
und ihrer kalten Majestät.

Für Städtchen bleibt noch Raum indessen
im Hinterland von Berg und Tal,
die gleichfalls ihren Ruhm bemessen
allein nach der Bevölk’rungszahl.

Was soll am Ende daraus werden?
Vermehrung längst karnickelhaft,
gehn jetzt schon diese Hammelherden
dem Globus über seine Kraft.

Sie grasen auf den fetten Weiden,
die zehn Prozent der Oberschicht,
und werden sich wohl erst bescheiden,
wenn auch das letzte Hälmchen bricht.

Die Kämpfe werden sich vermehren
um den begehrten Unterhalt,
wenn zehn Milliarden erst verzehren,
was schon für fünf als mickrig galt.

Ja, dies vernunftbegabte Wesen,
wäre es wirklich bei Verstand,
es müsste von dem Wahn genesen,
das Höchste sei das Vaterland.

Denn solche lächerlichen Grenzen
nimmt unser Globus gar nicht wahr,
er lässt die gleiche Sonne glänzen
auf Bali und auf Sansibar.

Und lässt die gleichen Stürme wüten
um Apenninen und Parnass,
ohne denselben einzutüten
‘nen stempelfreud‘gen Reisepass.

Ja, streut die meisten Widrigkeiten
wie auch den menschgemachten Dreck
so blindlings über alle Breiten
und jeden Drahtverhau hinweg.

Um solche Übel abzuwehren,
an einem Strang man besser zieht –
mag die Naturgewalt uns lehren
den Schulterschluss in Reih und Glied!

Sind wir nicht alle auf der Reise
in diesem kosmischen Mobil
und streiten uns verrückterweise
doch ständig über unser Ziel?

Und bleiben stur in der Kabine,
als ob kein Weg nach draußen führ
und sie allein dem Zwecke diene,
den Gast zu meiden Tür an Tür.

So eingesperrt in seine Zelle,
die jeder seine Heimat nennt,
sieht man beim andern auf die Schnelle
nur das, was einen von ihm trennt.

Woraus indes dann Hoffnung schöpfen,
wie ruhig in die Zukunft schaun,
wenn wir in schwarzgebrannten Töpfen
nur immer Gift und Galle braun?

Was nützen wind’ge Potentaten,
die allseits wieder Konjunktur,
führn immer weiter ihre Staaten
sie schleichend in die rechte Spur?

Brülln patriotische Parolen,
spieln äußerlich den starken Mann,
um jenen Beifall sich zu holen,
den sie entbehren als Tyrann.

Doch wär jetzt mehr denn je vonnöten
Gemeinsamkeit auf breiter Front,
ging selbst damit der Nimbus flöten,
alleine hätt man‘s auch gekonnt.

Wir müssten uns zusammenraufen,
zu retten, was zu retten ist,
denn diesem rollnden Kugelhaufen
bleibt nur noch eine Galgenfrist.

Doch langsam mit den jungen Pferden!
Die Gockel hörn nicht auf zu krähn.
Ich fürchte, solche Vögel werden
erst mit der Erde untergehn.

Strafen ohne Maß

Bevor die Neuzeit angebrochen
mit mehr Gefühl und mehr Verstand,
sind viele auf den Leim gekrochen
der unbarmherz’gen Henkershand.

Die knüpfte, hieß das Urteil „Hängen“,
dem Unglückswurm den Galgenstrick
und ließ ihn nicht mehr aus den Fängen,
bis er vollendet sein Geschick.

Wie hätt sie auch an Menschenliebe
mehr als die Richter aufgebracht?
Die Opfer warn zumeist ja Diebe,
die nur die Not dazu gemacht!

Enthaupten. Eine Variante.
Ein Hieb – und Kopf ab mit dem Schwert,
‘ne etwas kürzre, elegante
Methode, die nicht so entehrt.

Ertränken: Frauen vorbehalten.
Und mit der Chance, wenn auch gering,
auf Freiheit, falls „durch Gottes Walten“,
mal eine nicht gleich unterging.

Variante: Lebend sie begraben,
bis nichts mehr aus der Kuhle blickt.
Und was sie noch an Atem haben
der nächste Schaufelwurf erstickt.

Der Blutjustiz von scharfen Hunden
ging das noch nicht mal weit genug,
drum haben sie das Rad erfunden,
mit dem die Glieder man zerschlug

Bevor man den brutal Zerhackten
auf eben diese Marter flocht,
wo seinen Leichnam man, den nackten,
noch lang verwesen sehen mocht.

Ist, Leute, euch schon klargeworden
das Ausmaß der Unmenschlichkeit?
Dann wartet kurz, denn dieses Morden
hält noch ‘ne Steigerung bereit!

Ihr müsst euch mal vier Klepper denken,
die je zu zweien aufgestellt
links, rechts von einem, den zu henken
man sträflich für zu milde hält.

Die werden plötzlich angetrieben
und ziehn und zerren volles Rohr –
doch was dann folgt, sei nicht beschrieben,
die Feder selbst sträubt sich davor.

Da könnte man fast harmlos nennen
das Körperstrafen-Sortiment –
ein Zeichen in die Backe brennen,
die Diebeshand vom Arm getrennt.

Und Nase- oder Ohrabschneiden,
womit man manche Tat bedroht,
warn immer noch geringre Leiden
als der Verräter Feuertod.

Wer aber warn die, die ersannen
dies grause Strafeninventar?
Despoten etwa und Tyrannen,
die jeder Herzensregung bar?

Ach, Bürger nur und Biedermänner
aus altpatrizischem Geschlecht,
zum Hungerleider, Bettler, Penner
verachtungsvoll und selbstgerecht.

Wenn so ‘ner ihnen was gestohlen,
und wär’s auch nur ein Schäffchen Korn,
dann, seine Seele Gott befohlen,
traf ihn der ganze Krämerzorn!

Dem schien das schlimmste der Delikte
der Griff nach dem, was er besitzt,
weshalb er an den Galgen schickte
selbst Kinder, die ihm was stibitzt.

Und die den Täter dann betreuen
mit ihrer kalten Glaubensbrunst,
beknien ihn nur, er möcht bereuen,
mit aller Überredungskunst.

Kein Mitleid, keine Anteilnahme.
„Gott selbst will, dass du leiden musst“.
Auf nackten Fels fiel jener Same,
nicht fruchtbar in die Pfaffenbrust.

So nahm denn mit der Kirche Segen
das Menschenschlachten seinen Lauf
und, ohne groß sich zu erregen,
man Unschuldige auch mit in Kauf.

Was warn das für monströse Seelen,
die ihre Herrschermacht missbraucht,
um grad die Ärmsten so zu quälen,
bis sie ihr Leben ausgehaucht!

Doch gibt’s auch heut genug dergleichen,
die fremdes Leid ‘n Deubel schert
und skrupellos gehn über Leichen –
geschickter, ohne Strick und Schwert.