Interna will ich euch verraten:
Viel Verse sind der Musen Lohn.
Heut kann ich förmlich darin waten:
Dies Lied ist ja mein zweites schon!
Da kommt der Nektar mir zugute,
den aus der Rebe man gewinnt
und der per Laster oder Schute
rot von Bordeaux nach Hamburg rinnt.
Ich muss ja Katz und Maus nicht spielen
mit irgendeinem Sportverband,
denn schöne Strophen zu erzielen
hat Mittel man seit je verwandt.
Doch lässt die Dichter man gewähren,
auch wenn im Wettbewerb sie stehn,
denn ihre Kunst in allen Ehren –
um große Summen wird’s nie gehn.
Der Muskelmann mit strammen Waden,
der Bälle und Pedalen tritt,
macht selbst bei größrem Geistesschaden
dagegen immer seinen Schnitt.
Denn für das Keuchen und das Quälen,
entschädigt man ihn königlich
und lässt ihn teuer noch empfehlen
‘ne Salbe gegen Sonnenstich.
Doch der Poet, der zum Idole
der Massen niemals hochgehypt,
der hat im besten Falle Kohle,
die schwarz und nicht kontierbar bleibt.
‘ne Welt, in der die Geistesgaben
und die des Herzens wenig wert,
sie ähnelt der der Küchenschaben,
wo prächtig man vom Dreck sich nährt.
Um es noch deutlicher zu sagen
(ich fass die Chance hier beim Schopf,
auf Marxens Seite mich zu schlagen):
Die Welt steht psychisch auf dem Kopf!
Sie faselt ständig was von Frieden,
von Eintracht und von Duldsamkeit,
und schwelgt doch in den Unterschieden
aus Konkurrenz und Widerstreit.
Sie lässt als höchste Werte feiern
Barmherzigkeit und Menschentum,
doch gönnt die Gans mit goldnen Eiern
Karrierefreaks mit Medienruhm.
Sie schwingt mit tausend Idealen
sich auf bis an das Sternenzelt
und misst das Leben doch mit Zahlen,
mit Kosten, Nutzen nur und Geld.
Sie glaubt an einen Gott da oben,
der Händler aus dem Tempel trieb,
doch hat zum Hauptgesetz erhoben
das „ökonomische Prinzip“.
Der Gipfel aller Perversionen!
Das heißt, dass man fürn Überschuss
und wegen der Profitmillionen
im „Notfall“ Menschen opfern muss!
Das Gegenteil von dem Humanen,
das öffentlich man gern beschwört,
und würdig unsrer Steinzeitahnen,
die so ein Wort noch nie gehört.
Moralisch absolut ein Kracher!
Wie aber kommt’s, dass keiner schimpft?
Weil, wie dies der Geschäftemacher,
ja jedes Credo eingeimpft.
Denn die den Staat am Zügel halten
und ihren Willen ihm diktiern
auch über die Gehirne walten,
die sie mit falscher Münze schmiern.
Mit „unsichtbarer Hand“, sie schwafeln,
renk alles sich zum Besten ein,
so dass an reich gedeckten Tafeln
das Land sich nähre, Groß und Klein.
Doch kann der Lüge überführen
sie schnell der vielen Armen Not,
die diese Hand als Faust nur spüren,
die ständig sie zu schlagen droht.
Man könnt das kalte Kotzen kriegen,
wenn man die Heuchelei erkennt,
mit der die Fakten sie verbiegen,
damit den Jammer Glück man nennt.
Ach, voll der Verse Fass, gestrichen –
wie gut habt, Musen, ihr’s gemeint!
Doch bin vom Thema ich gewichen:
Zu viel Interna, wie mir scheint.